Kann die WM 2026 in Zürich und Fribourg ein Flop werden? Die Titelkämpfe beginnen ziemlich genau in einem Jahr am 15. Mai (Freitag) und enden am 31. Mai (Sonntag) mit dem Final.
Bedenkenträger mahnen, das Publikumsinteresse könnte wegen der Olympischen Spiele ungenügend sein. Am 22. Februar 2026 endet das olympische Turnier mit den NHL-Profis. Die wichtigste Liga der Welt macht erstmals seit 2014 wieder eine olympische Pause. Damit die Besten der Welt antreten können.
Wird also das Publikums-Interesse an einem Titelturnier nicht einmal drei Monate später gering sein? Und werden die NHL-Profis bereit sein, nach den Olympischen Spielen auch noch bei der WM anzutreten? Die WM beginnt eine Woche später als dieses Jahr. Um möglichst vielen NHL-Stars die WM-Teilnahme nach der ersten Stanley Cup-Playoffrunde zu ermöglichen. Aber eben: Werden sie einem WM-Aufgebot Folge leisten?
Die Bedenken sind theoretisch richtig. Praktisch jedoch aus Schweizer Sicht unbegründet. Patrick Fischer wird ein medaillenfähiges Team zur Verfügung haben. Die Schweizer aus der NHL werden, wenn sie nicht mehr in den Stanley Cup-Playoffs engagiert sind, einem Aufgebot Folge leisten. Und immer mehr zeigt sich, dass auch die Titanen aus der heimischen National League auf höchstem internationalem Level konkurrenzfähig sind.
Die WM hat sich längst von grossen Namen emanzipiert. Jahr für Jahr zelebrieren die Fans das Turnier wie ein «Klassentreffen». Unabhängig von der Besetzung der Teams. Der Publikumserfolg ist nicht von der Anzahl mitspielender NHL-Profi abhängig – schon gar nicht in der Schweiz, einem Land mit einer so starken Hockeykultur. Namen sind bei einer WM bloss auf dem Dress aufgenähte Buchstaben. Es fällt deshalb für Publikumsinteresse nicht stark ins Gewicht, dass die Russen und Weissrussen auch 2026 nicht dabei sein werden. Der internationale Eishockeyverband (IIHF) hat den Ausschluss für alle IIHF-Turniere für das Jahr 2026 definitiv beschlossen. Unabhängig von der weltpolitischen Lage.
Die letzte WM 2024 in Tschechien (Prag, Ostrava) bescherte dem Organisator mit 797727 verkaufen Tickets (12 464 pro Spiel) einen neuen absoluten Rekord. Diese Marke wird nächstes Jahr schon wegen der geringeren Kapazitäten der beiden Stadien nicht erreicht werden. Die Arena in Prag bot gut 16'000 Fans Platz. In Zürich werden voraussichtlich rund 10 000 Sitze zur Verfügung stehen, in Fribourg weniger als 8000. Medien und TV-Stationen belegen mehr Tribünenkapazitäten als im NL-Meisterschaftsbetrieb. Die genaue Anzahl Plätze wird nach den temporären Umbauten in den Stadien bekannt sein.
Die Zahlen der letzten WM in unserem Land (2009 Bern und Kloten) von 379'044 Eintritten (6768 pro Partie) dürften nicht ganz erreicht werden. Die Budgetierung von mindestes 300'000 verkauften Tickets ist realistisch. Beim Hauptspielort Bern bot die Arena 2009 nach dem Umbau für die WM gut 2000 Plätze mehr als 2026 das Stadion in Zürich.
Für die Organisation einer WM wird jedes Jahr eine Aktiengesellschaft gegründet, an dem der lokale Hockeyverband und der WM-Vermarkter Infront je zur Hälfte beteiligt sind. Der Gewinn wird dann geteilt – oder der Verlust gemeinsam getragen. Die Einnahme-Möglichkeiten sind für den Organisator auf den Ticketverkauf, die Gastronomie, Sponsoring in bestimmten Bereichen und den Fanartikel-Verkauf limitiert. An den TV-Einnahmen partizipiert er nicht. Ein Gewinn ist jedoch praktisch garantiert und dürfte nach vorsichtigen Schätzungen bei rund 10 Millionen liegen. Zur Erinnerung: Die WM 2020 in Zürich und Lausanne musste wegen der Pandemie abgesagt werden. Die Versicherungen zahlten und aus dem nicht durchgeführten Turnier resultierte ein Gewinn von 12,40 Millionen.
Gemanagt wird die WM von Christian Hofstetter (57). Er verteidigte von 1983 bis 1997 für Gottéron und war während der Ära Slawa Bykow/Andrej Chomutow acht Jahre lang Captain. Die letzten 15 Jahre arbeitete er als Sportdirektor beim Internationalen Eishockeyverband und war mitverantwortlich für vier olympische Turniere und 15 Weltmeisterschaften. Die Geschäftsführung ist sicherlich seriöser und professioneller als bei der Leichtathletik-EM 2014 und der Rad-WM 2024 in Zürich.
Bisher ist es gelungen, bei allen WM-Turnieren in der Schweiz schwarze Zahlen zu schreiben. Am dramatischsten war die Situation 1990 in Bern und Fribourg. Die Schweiz verpasste den Aufstieg in die A-WM und fehlte. Der Gastgeber war noch nicht automatisch qualifiziert. Der Ticketverkauf (250'309 insgesamt/6765 pro Partie) blieb unter den Erwartungen. Verbandspräsident René Fasel konnte jedoch den Künstler Jean Tinguely dazu überreden, nummerierte Gemälde zu produzieren, die zu Gunsten der WM verkauft wurden – und es resultierte ein Gewinn.
Die Gesamtkosten für die WM 2026 belaufen sich auch wegen baulicher Massnahmen bei den Stadien auf rund gut 50 Millionen. Internationale Titelkämpfe werden in der Schweiz vom Steuerzahler alimentiert. Weil solche Anlässe in die Welt ausstrahlen und einen Mehrwert für unser Land bedeuten. Es wird mit einem Gesamtbeitrag des Kantons und der Stadt Zürich von etwas mehr als vier Millionen Franken gerechnet sowie seitens des Kantons und der Stadt Fribourg mit einem Zustupf von gut drei Millionen. Wobei wohl auch noch geldwerte Dienstleistungen (Personal, Sicherheit etc.) hinzukommen, die nicht in Rechnung gestellt werden. Der Bund stellt etwas mehr als drei Millionen in Aussicht.
Alles in allem dürfte die WM 2026 mit gut und gerne 10 Millionen Steuergeldern alimentiert werden. Was ungefähr dem zu erwartenden Gewinn entspricht. Es ist das bewährte Prinzip bei internationalen Sportanlässen wie Olympischen Spielen und allerlei Welt- und Europameisterschaften: Die Kosten sozialisieren, die Gewinne privatisieren.